EWIV 28 Staaten

EWIV

Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung

deutsch = EWIV – Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
englisch = EEIG – European Economic Interest Grouping (EEIG)
französisch = GEIE – Groupement européen d’intérêt économique (GEIE)

Die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist die erste Rechtsform des europäischen Rechts. Sie bietet vor allem kleinen und mittleren Unternehmen jeder Rechtsform, aber u.a. auch Freiberuflern, Landwirten, Verbänden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften die Möglichkeit zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa.

Unternehmensgegenstand einer EWIV

Unternehmensgegenstand der EWIV kann und darf immer nur die Zusammenarbeit der Mitglieder sein. Zweck der EWIV ist die Erleichterung oder Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Mitglieder durch Zusammenschluss von Mitteln, Tätigkeiten oder Erfahrungen und nicht die Erzielung von Gewinnen. Die EWIV darf nur eine Hilfstätigkeit für die wirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Mitglieder darstellen und damit keine eigene Geschäftsidee zur Gewinnerzielung verfolgen. Der Unternehmensgegenstand wird in das von den einzelnen Mitgliedstaaten dafür vorgesehene Register festgehalten und ist somit öffentlich prüfbar.

Gründung einer EWIV

Der EWIV-Gründungsvertrag muss schriftlich abgefasst werden und mindestens folgende Punkte enthalten:
  • den Namen der EWIV (und den Zusatz „EWIV“, evtl. ausgeschrieben)
  • den Sitz (dieser muss innerhalb der Europäischen Union (EU) gelegen sein)
  • den Unternehmensgegenstand
  • Angaben über die Mitglieder
  • die Dauer der EWIV, wenn diese nicht unbestimmt ist

Sinnvoll ist es jedoch, einen umfassenden schriftlichen Vertrag abzufassen, beispielsweise mit Regelungen zu den Organen, der Zusammenarbeit, Frage der Einlagen, Haftung, Gewinnverteilung oder dem Stimmrecht. Weitere Gründungsvoraussetzung ist die Eintragung der EWIV ins Handelsregister. Hierbei muss der Geschäftsführer an einen Notar, der dieses dann an das Register weiterleitet, ein Anmeldeschreiben mit folgendem Inhalt übermitteln:

  • Firma der EWIV
  • Sitz der EWIV
  • Unternehmensgegenstand
  • Mitgliederliste
  • Nennung des Geschäftsführers
  • Gründungsvertrag
  • Beschluss über die Bestellung des Geschäftsführers
Die nationale Eintragung wird dann im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Eine EWIV muss sich aus mindestens zwei Mitgliedern aus zwei verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammensetzen. Nach oben besteht zahlenmäßig keine Grenze. Die Mitglieder müssen jeweils rechtlich selbständig sein. Mitglieder können demnach Unternehmen wie Einzelfirmen, Personen- und Kapitalgesellschaften sein, aber auch Freiberufler, Selbstständige, Landwirte, Verbände, Vereine und öffentlich-rechtliche Körperschaften. Die EWIV kann mit bzw. ohne Bareinlagen, Sacheinlagen oder eingebrachtem Know-how gegründet werden. Ein Stammkapitel ist also nicht erforderlich.

Haftung einer EWIV

Im Gegenzug für die vertragliche Freiheit der EWIV und für den Umstand, dass die Mitglieder kein Pflichtkapital zur Verfügung stellen müssen, haften die Mitglieder für sämtliche Verbindlichkeiten der EWIV gesamtschuldnerisch und unbeschränkt nach außen. Allerdings ist die Haftung der Mitglieder subsidiär, d. h. ein Rückgriff auf die Mitglieder ist erst dann möglich, wenn die EWIV zuvor zur Zahlung aufgefordert wurde und die Zahlung durch die EWIV innerhalb einer angemessenen Frist nicht erfolgt ist. Da die EWIV in der Regel keine großen Geschäfte tätigt, ist die Haftung der Mitglieder allerdings nicht mit hohen Risiken verbunden. Im Innenverhältnis kann die EWIV haftungsrechtlich weitestgehend nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vorgehen, beispielsweise also auch verschiedene Haftungsquoten unter den Mitgliedern vereinbaren. Dies kann ebenfalls im Handelsregister veröffentlicht werden.

Geschäftsführung einer EWIV

Die EWIV besteht aus mindestens zwei Organen: den gemeinschaftlich handelnden Mitgliedern und dem/den Geschäftsführer/n. Bei einer EWIV mit Sitz in Deutschland müssen der/die Geschäftsführer natürliche Personen sein, in einigen anderen Ländern kann die Geschäftsführung auch bei juristischen Personen liegen.

Steuern der EWIV

Hat die EWIV festangestellte Mitarbeiter (dies dürfen nicht mehr als 500 Personen sein), ist für diese Lohnsteuer abzuführen.
Ist die EWIV umsatzsteuerpflichtig, ist Mehrwertsteuer abzuführen. Eine EWIV zahlt jedoch keine Unternehmenssteuern (z. B. Körperschafts- oder Gewerbeertragsteuer). Da die EWIV keine Gewinne machen darf, müssen Gewinne, soweit sie nicht reinvestiert werden, an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Diese haben dann nach den nationalen Vorschriften ihre Einnahmen zu versteuern. Allerdings können auch Rücklagen gebildet werden.

Mitglieder aus Drittländern

Normalerweise sind die Mitglieder der EWIV auf die Europäische Union beschränkt. Seit 1994 können allerdings Mitglieder auch aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) stammen. Oftmals ergeben sich aber Probleme, wenn Partner aus Drittländern – beispielsweise aus den USA, der Schweiz oder aus GUS-Staaten – eingebunden werden sollen. In diesem Fall bietet sich eine Assoziation an. Assoziierte Mitglieder werden nicht in das Handelsregister eingetragen. Sie haften nicht nach außen, können aber einer Haftung im Innenverhältnis beitreten. Formell haben sie kein Recht auf Stimmabgabe in der Mitgliederversammlung, können aber ihre Stimmabgabe zur Niederschrift zu Protokoll geben. Weiterhin kann ein Vertreter bzw. Geschäftsführer eines Mitgliedes aus einem Drittland Geschäftsführer einer EWIV werden.

Fazit

Die Entscheidung, ob ein Unternehmen in der Form einer EWIV gegründet werden soll, hat persönliche, finanzielle, steuerliche und rechtliche Folgen. Die optimale Rechtsform gibt es nicht, jede hat ihre Vor- und Nachteile. Die Vorteile der EWIV in Abgrenzung zu anderen Unternehmensformen sind insbesondere die äußerst flexible und unbürokratische Rechtsform sowie die Tatsache, dass die EWIV auch ohne Kapital gegründet werden kann. Überdies sprechen steuerliche Vorteile für die Gründung einer EWIV. Außerdem bleiben die Mitglieder einer EWIV bezüglich ihrer ursprünglichen Tätigkeit weiterhin rechtlich selbständig und behalten damit all ihre bisherigen unternehmerischen Freiheiten. Vor allem für Klein- und Mittelunternehmen, die grenzüberschreitend agieren wollen, lohnt es sich, eine EWIV in Erwägung zu ziehen. Allerdings sollte vor der Gründung eine eingehende Beratung in Anspruch genommen werden.
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