BREXIT Update 01.08.2018

Die britische LTD verlässt die EU

Seit dem 23. Juli 2016 ist klar: „Die Briten verlassen die EU“ und dadurch „verläßt auch die britische LTD die EU“. Zahlreiche Unternehmen auch in Deutschland prüfen bereits, welche Folgen ein möglicher BREXIT für ihr Geschäft hätte.

Eine für die Praxis grundsätzlich bedeutsame Frage ist, wie sich ein BREXIT auf den Status der in Deutschland ansässigen Gesellschaften in englischer Rechtsform auswirkt. Dies betrifft vor allem die in Deutschland weit verbreitete LTDLimited Company, die der deutschen UG (haftungsbeschränkt) oder mit der GmbH vergleichbar ist, sowie die Limited Liability Partnership (LLP) als eine haftungsbeschränkte Personengesellschaft. Diese Gesellschaften können bislang ihren Verwaltungssitz in Deutschland nehmen, ohne dass sie aus Sicht des hiesigen Internationalen Privatrechts den gesellschaftsrechtlichen Status einer LTD oder LLP verlieren.

Seit der Centros-Entscheidung des EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97, ist es ständige Rechtsprechung, dass die EU-Mitgliedstaaten den Zuzug von Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten nicht beschränken dürfen. Dies folgert der EuGH aus der Niederlassungsfreiheit. Daher wird insoweit die sog. Gründungstheorie angewendet, wonach sich die Rechtsverhältnisse einer Gesellschaft nach der Rechtsordnung ihres Gründungsstaates bestimmen. Gleiches gilt für Gesellschaften aus Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), die nicht Mitglied der EU sind, also Island, Liechtenstein und Norwegen.

Demgegenüber werden hierzulande ansässige Gesellschaften aus Drittstaaten nur dann anerkannt, wenn mit diesen Staaten besondere völkerrechtliche Abkommen bestehen, wie etwa mit den USA (Art. 25 Abs. 5 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.10.1954, BGBl. II 1956, 487; in Kraft seit 14.7.1956, BGBl. II 1956, 763).

Verlegt aber etwa eine Gesellschaft Schweizerischen Rechts ihren Verwaltungssitz nach Deutschland, wird ihr die Anerkennung in Deutschland versagt. Denn im Verhältnis zur Schweiz gilt nach der Rechtsprechung des BGH nach wie vor die sog. Sitztheorie (BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06. Danach richtet sich der rechtliche Status einer Gesellschaft nach dem Recht, das am tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft gilt.

Da eine nach ausländischem Recht verfasste haftungsbeschränkte Gesellschaft nicht die Anforderungen erfüllt, die das deutsche Recht an eine vergleichbare inländische Rechtsform stellt, werden Gesellschaften aus Drittstaaten, die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen, von der deutschen Rechtsordnung in der Regel als GbR oder OHG angesehen – mit der Folge, dass für ihre Gesellschafter eine unbeschränkte Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern gilt.

Die Anerkennung einer LTD oder einer LLP hängt demnach im Falle eines BREXIT davon ab, auf welcher Basis die EU-Staaten die Beziehungen zu Großbritannien fortführen: Wird Großbritannien – nur  – Vertragsstaat des EWR, wären die in Deutschland ansässigen LTD und LLP nicht gefährdet. Wird Großbritannien jedoch kein Vertragsstaat des EWR, würden die Rechtformen der LTD und LLP in Deutschland nur anerkannt bleiben, wenn entsprechende Abkommen mit Großbritannien geschlossen werden.

Damit stellt sich für betroffene Unternehmen die Frage, ob eine bereits existierende LTD oder LLP auch ohne Abkommen mit Großbritannien eine Art Bestandsschutz in Deutschland reklamieren kann. Denn anderenfalls würde ein zwangsweiser Wechsel in die Rechtsform der GbR oder OHG drohen.

Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob und inwieweit ganz allgemein das Vertrauen in den Bestand der Niederlassungsfreiheit für britische Staatsbürger geschützt wäre. Für die fortdauernde Anerkennung bereits existierender LTD und LLP spricht, dass es zu den Grundprinzipien unserer Rechtsordnung gehört, dass die Wirksamkeit von einmal getätigten Dispositionen und Rechtshandlungen – hier also die Etablierung einer LTD oder LLP in Deutschland – nicht durch eine Änderung der Rechtslage wieder entzogen werden darf.

Völlig unbestritten dürfte diese Position jedoch nicht sein. Unternehmen, die sich auf diese Rechtsunsicherheit nicht einlassen möchten, sind daher gut beraten, über einen Rechtsformwechsel in eine deutsche – oder europäische – Rechtsform nachzudenken, wenn der Verwaltungssitz der Gesellschaft in Deutschland bleiben soll. Dies kann auch deshalb ratsam sein, weil mit dem Wegfall der rechtlichen Anerkennung steuerliche Risiken verbunden sind. Muss z.B. eine in Deutschland aktive LTD künftig nicht mehr als (britische) Kapitalgesellschaft, sondern als (deutsche) Personengesellschaft gewürdigt werden, droht nicht nur laufend die Anwendung von anderen Besteuerungsgrundsätzen. Vielmehr droht auch eine massive Besteuerung des „Rechtsformwandels“ selbst.